Folge 4

Warum scheitern 60 % der Digitalisierungs­prozesse im Mittelstand?

„Die IT war bis dato der Dienstleister in Unternehmen, und plötzlich ist sie der Motor.“

In unserer 4. Folge dreht sich alles um das Thema Digitailisierung im Mittelstand. Dazu haben wir 2 Experten eingeladen: Michael Gingele und Christian Raab von der Ragicon PartG. Die Ragicon unterstützt Unternehmen in allen Stadien der digitalen Transformation, und das mit einem ganzheitlichen Blick. Mit den beiden diskutieren wir u.a., warum über 60 % der Digitailsierungsprozesse im Mittelstand scheitern. Spannendes Thema.Viel Spaß beim Hören!

 

Transkription

Thomas Sinnwell: Ich habe heute zwei spannende Gäste hier zum Gespräch zum Thema Digitalisierung, den Christian Raab und den Michael Gingele, beide von der Ragicon & Partner Gesellschaft. Schön, dass ihr hier seid. Ich möchte euch bitten, stellt euch doch mal kurz vor.

Michael Gingele: Hallo Thomas, vielen Dank für die Einladung!

Thomas Sinnwell: Sehr, sehr gerne.

Michael Gingele: Mein Name ist Michael Gingele. Ich bin seit über 25 Jahren in der IT tätig, hauptsächlich im Bereich der Netzwerkanalyse, die letzten paar Jahre dann auch über die Softwareentwicklung zum Thema Digitalisierung gekommen. Wir haben mit Firmen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, viele, viele Projekte in dem Umfeld gemacht. Und dieses Jahr kam irgendwann mal die Entscheidung: Wie geht’s weiter? Was können wir noch machen oder in welchem Bereich können wir arbeiten? Und da fiel einfach die Entscheidung mit dem Christian zusammen, diese Partnergesellschaft zu gründen, eben mit dem Ziel, mit dem Schwerpunkt Digitalisierung für mittelständische Unternehmen zu unterstützen, um denen einfach zu helfen die Digitalisierung voranzutreiben, Konflikte aufzulösen oder was es da auch immer für Tätigkeiten gibt. Und Christian, du bist Part 2 davon.

Christian Raab: Danke Michael, danke Thomas für die Einladung. Sehr schön hier zu sein.

Thomas Sinnwell: Ich freue mich, dass ihr da seid.

Christian Raab: Wir haben uns ein bisschen länger nicht gesehen, …

Thomas Sinnwell: Das stimmt.

Christian Raab: … aber ist wieder schön.

Thomas Sinnwell: Aber nicht aus dem Auge verloren.

Christian Raab: Genau. Nicht aus dem Auge verloren. Richtig. Noch nicht ganz so lange dabei wie mein Kollege Michael, seit 22, 23 Jahren in der IT, hatte immer so die Kombination aus IT und Finanzen, also auch viel im Bereich Payments unterwegs gewesen, im Bereich E-Commerce, auch Softwareentwicklung, Markteintritte in verschiedene Länder. Und in den letzten Jahren kam das Thema Digitalisierung, Automatisierung immer mehr in den Fokus. Auch da bei verschiedenen Unternehmen Beratung gemacht, die Reise begleitet. Und wie Michael schon richtig gesagt hat, dieses Jahr die Entscheidung, dass wir uns zusammenschließen und mit der Ragicon den Part gehe, Unternehmen unterstützen im Bereich der Digitalisierung und sie auf der Reise der digitalen Transformation begleiten.

Thomas Sinnwell: Finde ich auch prima, dass ihr euch da entschlossen habt, diesen Weg zu gehen. Wir haben ja auch jetzt von der consistec Seite aus Berührpunkte zum Thema Digitalisierung. Und ja, es braucht Unterstützung, ja, es gibt viele offene Punkte und genau darüber wollen wir heute sprechen. Gleich zu Anfang möchte ich dann mal eine etwas blumige Definition raushauen, was Digitalisierung ist. Viele sagen ja, das ist der digitale Wandel der Wirtschaft und der Gesellschaft. Was sagt ihr?

Michael Gingele: Ich meine, wir machen Digitalisierung seit 20 Jahren. Wann gab‘s die erste VoIP-Übertragung? Wann gab‘s die ersten Video Streams im Netzwerk? Für mich ist es nichts anderes im ersten Moment wie mal ein Schlagwort, dass man einfach sehr viele Sachen heute einfach digital überträgt, verarbeitet. Das heißt, wir bringen reale Elemente in die IT. Das ist jetzt, sage ich mal, für meine Begriffe, was ich unter Digitalisierung verstehe. Ich will das gar nicht so bewerten, ob das jetzt gut oder schlecht ist, sondern einfach nur, das ist im Prinzip das, was wir tun, oder das, was da vorangetrieben wird.

Christian Raab: Genau. Bin ich auch d’accord. Von der Definition her an sich habe ich mich am Anfang immer so ein bisschen schwergetan, weil für mich die Digitalisierung eigentlich erst mal nur auch wie so ein Schlagwort, eine Begrifflichkeit war für verschiedene Technologien, die in den letzten Jahren immer eingesetzt wurden oder neue Technologien, künstliche Intelligenz, Automatisierung, Robotik, Process Automation zum Beispiel, oder auch einfach 5G in den Raum geworfen. Das sind einfach Technologien. Wo die Verknüpfung dann wieder kommt, ist, diese Technologien einzusetzen, um Prozesse zu optimieren, um Abläufe in den Unternehmen zu optimieren und dann zum Beispiel Kosten zu senken oder einfach das Effizienzpotenzial zu steigern. Also das ist für mich eigentlich dann so die Kombination. Aber das Stichwort Digitalisierung ist für mich einfach nur immer so ein Überbegriff der gerade aktuellen technischen Themen, die uns umtreiben.

Thomas Sinnwell: Okay. Jetzt ist ja auch in deinen Ausführungen Prozesse gefallen. Es gibt ja Leute, die sagen, ja okay, Digitalisierung, da geht’s halt um die Optimierung von Prozessen mit neuen digitalen Technologien, um halt Wertschöpfung zu betreiben. Es gibt andere Leute, die sagen, Digitalisierung, das ist technologiegetrieben. Eigentlich waren ja beide Aspekte in euren Ausführungen zu hören.

Michael Gingele: Die Realität ist ja auch die Kombination aus beidem. Es geht ja auch immer um beides. Nochmal, wir hatten vorhin schon mal gesagt, wir hatten Voice, also digitale Sprachübertragung, das war aber ein losgelöstes System. Es ging einfach nur, dass man Medien besser genutzt hat, dass man nur noch mit einem Netz zurechtkam und so weiter. Jetzt haben wir die Möglichkeiten auch Prozesse abzubilden, und zwar vollständige Prozesse abzubilden. Das haben wir ja schon immer ein bisschen gemacht. Man hat versucht, Prozesse mit IT-Systemen abzubilden, die IT als Unterstützer der Prozesse zu benutzen. Jetzt geht man halt einen Schritt weiter, die ganzen Prozesse einfach von der IT machen zu lassen, soweit es halt technisch möglich ist. Bis hin zur Entscheidungsfindung natürlich, wo man halt früher einfach Leute gebraucht hat. Jeder kennt in diesen Flowchart-Diagrammen die klassische Raute, hier fällt eine Entscheidung. Normalerweise hat man jemanden gebraucht, der gesagt hat, wir gehen linksrum oder rechtsrum. Jetzt macht man es halt mit KI-Systemen, um die Entscheidung eben zu automatisieren. Das ist einfach die Technologie, die uns zur Verfügung steht, um sowas heute zu tun.

Thomas Sinnwell: Da hast du was ganz Interessantes gesagt, letztendlich die Digitalisierung auch dann von der IT vornehmen zu lassen. Und was ja jetzt so in diese Richtung gehen würde, also ohne IT kann man das Thema erst gar nicht angehen. Je nachdem mit wem man im Unternehmen spricht, gibt’s da ja auch ganz andere Sichtweisen drauf.

Christian Raab: Ich denke, es ist genau der Knackpunkt oder die Problematik, alle Stakeholder eines Unternehmens bei so einem Digitalisierungsprojekt oder Prozess an einen Tisch zu kriegen. Weil ich sage, ich brauche, wenn ich zum Beispiel das Oberziel habe, End-to-End-Prozesse sage ich mal zu optimieren oder zu automatisieren. Ich brauche wirklich alle Stakeholder des Unternehmens und ich brauche sowohl die IT als auch die verschiedenen anderen Business Units. Und da denke ich, gibt’s eine Diskrepanz aktuell, je nachdem, ob ich mich auch mit großen Unternehmen unterhalte oder mit Mittelständlern, es ist wirklich diese Zusammenführung der verschiedenen Einheiten und auch so ein bisschen die Moderation, das Zusammenführen, auch die Sprache einfach verständlich zu machen. Viele IT-Themen, wenn ich dann in kleineren Unternehmen bin und der Bereichsleiter Operations oder HR und so weiter, die verstehen diese Sprache dann gar nicht. Man muss erst mal versuchen, eine einheitliche Sprache zu finden und dann, dass auch alle an einem Strang ziehen und dass ich auch alle in diesem Prozess berücksichtige, dass es nicht ein autarkes Digitalisierungsprojekt jetzt rein in der IT ist, sondern dass ich Auswirkungen auf das ganze Unternehmen habe. Das denke, ist sehr wichtig.

Michael Gingele: Vor allem, du kannst nicht alles digitalisieren. Das ist das Hauptthema.

Christian Raab: Ja, richtig.

Michael Gingele: Und wer will die Krankenschwester digitalisieren, …

Thomas Sinnwell: Das ist auch gut so.

Christian Raab: Das ist auch gut so. Ja.

Michael Gingele: … die den Patienten von A nach B schiebt oder was auch immer? Das ist ja so die große Frage.

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Das heißt, das ist ja, was auch viele vergessen im Prinzip bei dem Ganzen. Ich meine, die Produktionsprozesse kann ich digitalisieren, nur irgendeiner holt das Gerät oder das Werkstück ja irgendwo aus dem System wieder raus nachher vielleicht oder verschickt‘s oder was auch immer dahintersteckt. Das heißt, ich habe irgendwo Schnittstellen. Ich werde Mensch-Maschinen-Schnittstellen haben, …

Christian Raab: Richtig.

Michael Gingele: … die ich natürlich betrachten muss. Und ich muss diesem Menschen, der da steht, natürlich klarmachen, dass er mit dem Gegenüber zusammenarbeiten muss. Also ich meine, viele sprechen ja inzwischen von diesem digitalen Zwilling, den es dann geben soll oder was auch immer, nur der nutzt mir in dem Fall auch nichts. Ich spreche mit einem Computer dann im Endeffekt und sage, hey, gib mir das Werkstück.

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Und was ist Digitalisierung? Muss ich dann tippen? Muss ich auf der Maus klicken oder kann ich mit ihm sprechen? Oder wie macht man das? Das sind alles so Themen, die da …

Christian Raab: Neuronale Netze oder je nachdem. Ja genau.

Thomas Sinnwell: Also da würde ich gerne gleich noch ein bisschen tiefer mit euch beiden eintauchen. Und vorher noch mal die Flughöhe, noch mal eine Stufe hochschrauben. Wir befinden uns ja eigentlich in einem Wechsel vom Industriezeitalter ins Informationszeitalter oder eigentlich sind wir schon seit zig Jahren da mittendrin. Im Grunde genommen ist das ja schon Digitalisierung, die da stattgefunden hatten. Jetzt hat das aber auch eine Menge, ich sag mal, im Wissenschaftsbereich ausgelöst. Gerade so im philosophischen Bereich, im ethischen Bereich gibt’s mittlerweile sowas wie Technikethik als Fach, mit dem man sich vertiefen kann, es gibt Wirtschaftsethik. Und was da alles dahintersteckt, ist ja die Angst, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze verlorengehen, dass sich unser Leben so grundlegend ändern wird. In dem Kontext wird ja auch über das Grundeinkommen diskutiert. Es ist ja ein sehr großer Blumenstrauß, der dadurch geöffnet wird. Teilt ihr jetzt diese Sorge?

Michael Gingele: Ja und nein. Warum? Einerseits werden natürlich sich Arbeitsplätze verändern. Aber das hatten wir ja schon mal, als wir Roboter eingeführt haben, als man Robotics eingeführt hat im KFZ, überall wo Industrie war.

Christian Raab: Industrie. Genau.

Michael Gingele: Das heißt, da war ja schon mal diese erste Welle. Das heißt, man brauchte plötzlich einfach viel weniger Leute am Band. Gehe heute in der Automobilindustrie oder Zulieferer und schau dir an, wie viele Leute da in so einer Halle stehen. Das sind die Werksführer und das war's dann. Wie schaut die Welt natürlich jetzt mit der Digitalisierung aus? Es werden natürlich viele Jobs in der Verwaltung wegfallen, da brauchen wir nicht drüber diskutieren. In der Verwaltung in Form von, dieses klassische Doing machen. Es müssen viel mehr Entscheidungen getroffen werden. Wir haben das Thema ja oft gehabt, wenn es um das Thema Automation von Businessprozessen ging. Interessanterweise war dann immer das Thema: Was passiert eigentlich, wenn ein Prozess sage ich mal in eine Ausnahme läuft, also sprich, plötzlich nicht mehr weitergeht, weil selbst die KI die Entscheidung nicht mehr fällen kann, weil sie schlicht und ergreifend einen Brief nicht lesen kann? Wer macht denn dann das? Wer kümmert sich darum? Spare ich deswegen zwingend Leute ein oder muss ich vielleicht nur überlegen, dass die Leute anders arbeiten?

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Das heißt, müssen wir uns vielleicht lösen von unserem klassischen 9-zu-5-Uhr-Zeitmodell? Dass wir sagen, müssen wir die Zeit nicht mehr nach Stunden bewerten, sondern nach Arbeitsaufwand, nach Funktionen, nach Transaktionen, die wir durchführen? Ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Diskussion, die man anstoßen muss, um das dann wirklich klar zu machen, was das jetzt eigentlich bedeutet. Weil so wie bisher, glaube ich, werden wir nicht mehr weiterarbeiten, also in vielen Bereichen. In anderen Bereichen, ja, da wo wie gesagt, wo es keine Digitalisierung gibt.

Thomas Sinnwell: Vielleicht sollten wir auch in dem Kontext noch zwei Begrifflichkeiten klären, die sogenannte digitale Transformation. Das ist ja eigentlich das, was schon seit einigen Jahren stattfindet, dann noch forciert weitergehen wird. Und das würde ich vielleicht als so eine schrittweise Annäherung an das digitale Zeitalter, wenn ich es ein bisschen blumiger jetzt mal ausdrücken darf, bezeichne, also eher sowas wie eine Evolution. Und das ist, glaube ich, auch Michael, wenn ich deine Ausführungen jetzt aufgreife, dann passt das noch ganz gut zusammen. Arbeitsverhältnisse werden sich ändern.

Christian Raab: Und dann richtig. Ja.

Thomas Sinnwell: Aber was ist denn, und dann kommen wir gleich zum nächsten Begriff, die digitale Disruption? Das ist, aus meiner Sicht, ja dann eher sowas wie eine Revolution. Das heißt, das ist ein sehr radikaler Einschnitt und der geht ja schon mit massiven Änderungen einher. Also ich stelle mir die Frage: Wie wird die deutsche Automobilindustrie in zehn Jahren aussehen? Wenn ich so an Mobilitätskonzepte, innovative, denke, das ist ja schon sehr disruptiv. Und ich habe auch nicht immer das Gefühl, dass sich viele Unternehmen da schon Gedanken drum machen. Manche betrifft‘s auch gar nicht. Der Handwerker wird immer noch sein Handwerk machen können, das kann ich nicht disruptiv auflösen.

Christian Raab: Ich denke, wie du sagst, es kommt auch wirklich auf die Branche drauf an. Also es gibt Branchen, da ist so dieser disruptive Eingriff nicht da oder nicht so stark gegeben. Im Kopf habe ich jetzt das Gegenbeispiel, sage ich mal, Medien und Verlage, wo jetzt wirklich richtige rein digitale Player, die wirklich ein rein digitales Geschäftsmodell haben und damit …

Thomas Sinnwell: Ja, Musikbranche.

Christian Raab: Genau, Musikbranche, wenn man da aufschlägt, da, sage ich mal, ist auch eine große Konkurrenz da. Automotive war ein sehr gutes Stichwort. Ich sehe trotzdem, würde ich auch noch mal auf Michael eingehen, was er vorhin gesagt hat, ich sehe trotzdem nicht so stark diese Gefahr, dass jetzt sehr viele Arbeitsplätze verlorengehen. Für mich ist es eine Umverteilung der Arbeit. Was kann ich heutzutage automatisieren? Ich kann Standardprozesse automatisieren, sage ich mal, die immer wieder gleich ablaufen. Dafür kann ich Prozesslandkarten, Entscheidungswege zeichnen und das sind auch, meiner Meinung nach, Aufgaben, wo auch der Ausführende nicht richtig immer daran Spaß hat, dass er sagt, er muss 150.000 Mal am Tag in ein Sheet das und das eintragen oder das auf SAP oder auf eine andere Lösung einspielen. Er würde vielleicht auch gerne sich mit anderen Themen beschäftigen, würde auch andere Themen im Unternehmen übernehmen. Ich denke, es wird eine Art Umverteilung geben. Es sind andere Tätigkeitsbereiche, wo ich die Arbeitskraft trotzdem brauche, aber ich habe nicht mehr diese stupiden Standardprozesse.

Michael Gingele: Ich glaube, gerade in der Automobilindustrie als Hauptindustrie bei uns, also die werden die größten Probleme haben. Erstens Mal stecken die in einem Doppelwandel drin, darf man auch nicht vergessen.

Thomas Sinnwell: Ja, richtig.

Michael Gingele: Die Elektrifizierung des Autos macht die Komplexität des Autos wesentlich geringer und austauschbarer, muss man sich auch mal klarmachen. Wo führt Digitalisierung hin? Jeder druckt sich sein Chassis aus für sein Auto oder sein Gehäuse eigentlich, mehr oder weniger, weil unten drunter das vollkommen egal ist, was da fährt.

Christian Raab: Ist ja richtig.

Michael Gingele: Also das heißt, du brauchst einen Hersteller, der Batterien und Motoren liefert. Und oben drüber, weiß ich nicht, kannst du einen Designer draufsetzen.

Christian Raab: Genau, mit deinem 3D-Drucker und so ungefähr.

Michael Gingele: Und die andere Frage, die sich dann herauskristallisiert, ist natürlich: Wer kann sich zukünftig noch ein Auto leisten? Also wenn man sich das mal so anschaut.

Thomas Sinnwell: Oder wer will sich eins leisten?

Michael Gingele: Oder wer will sich eins leisten? Das heißt, mieten, also was heißt noch mal mieten? Einfach als reines Mobilitätskonzept zu sagen, das Auto steht da, ich nehme es halt einfach. Wir spielen es ja im Kleinen schon mit E-Rollern, mit Radfahren, mit kleinen Rädern.

Thomas Sinnwell: Ja genau.

Christian Raab: Ja, richtig.

Michael Gingele: Nur, solange natürlich verankert ist, mein Auto, wird es natürlich funktionieren. Aber das ist eine ganz andere Frage. Und da spielt aber die Digitalisierung auch seine kompletten Stärken aus, muss man dazusagen. Weil du hast die Telemetrie, du kannst jederzeit schauen, wie geht’s dem Auto? Schaut auf die Scooter-Branche, im Prinzip, die wissen, wo ihre Roller stehen, der fährt dann nachts dahin.

Christian Raab: Wo sie sind, wie voll sie sind und so weiter.

Michael Gingele: Du gehst in die App, es ist nur ein Massenthema, wie viele Autos oder wie viele von den Kisten stehen rum? Natürlich, die Frage ist: Brauchen wir dann vier, fünf große Automobilhersteller in Deutschland noch? Die Frage ist natürlich eine andere Diskussion.

Thomas Sinnwell: Und womit verdienen die dann noch ihr Geld?

Christian Raab: Genau.

Thomas Sinnwell: Wenn sie dann alle noch ihr Geld verdienen wollen.

Michael Gingele: Ja genau. Mit der Dienstleistung Fahren, aber ist dann die Bevölkerung bereit, auch für den Kilometer das zu bezahlen? Das heißt, das erste Mal wirklich tatsächlich 50, 60 Cent für den Kilometer auf den Tisch zu legen. Weil momentan rechnet man sich ja doch viele Sachen noch schön durch die Art und Weise. Aber das sind tatsächlich Modelle, das wird passieren.

Thomas Sinnwell: Ja, über diese digitalen Geschäftsmodelle, die neuen, da müssen wir auch nachher noch ein intensiver sprechen. Aber an der Stelle können wir doch dann vielleicht mal festhalten, dass es für eigentlich grundsätzlich jeden mal Sinn macht als Unternehmer darüber nachzudenken, kann ich irgendeinen disruptiven Ansatz wählen? Wenn ich das gar nicht kann, ist das ja auch irgendwo sogar vielleicht eine positive Botschaft. Da kann auch kein anderer kommen, der mir das kaputtmacht. Aber wenn sowas möglich ist, und ich denke jetzt gerade an die Musikbranche, die hat das ja relativ schnell dann schon begriffen, dass das mit Platten drucken und so, das nicht mehr laufen wird. Die haben das ja relativ fix hinbekommen, jedenfalls viele. Und eigentlich macht‘s doch dann mal Sinn, dass sich das jeder überlegt, oder?

Michael Gingele: Ja, aber Musik hatte einen Vorteil, sie war schon immer oder sie war sehr lange schon digitalisiert.

Thomas Sinnwell: Das Medium hat sich geändert.

Michael Gingele: Das heißt, wir hatten die digitale Musik, wir hatten CDs. Damit war der Umstieg auf Übertragung auf Internet jetzt nicht mehr so weit.

Christian Raab: Nicht mehr so weit, richtig.

Michael Gingele: Mit dem Autofahren tue ich mir schwer.

Thomas Sinnwell: Aber die Vertriebswege, die haben sich halt völlig verändert.

Christian Raab: Die Vertriebswege komplett. Ja. Das stimmt.

Thomas Sinnwell: Auch das Marketing.

Michael Gingele: Ja gut, konsequent.

Thomas Sinnwell: Plattformdenken.

Michael Gingele: Nein, nein, da ganz klar. Aber das ist ja die Thematik, die kommt. Nur die Frage ist, ich glaube, dass man da auch untereinander unterscheiden muss, Marketing, Sales von, sage ich mal, handwerklichen Sachen, die ich einfach … Möbelkauf am besten ein Beispiel. Irgendwo habe ich jemanden, der diese Möbel zusammenbaut und produzieren muss. Das heißt, dann habe ich ein Marketing, dann habe ich ein Sales-Prozess, den kann ich optimieren. Also einzelne Prozessschritte, die ich optimieren kann, aber natürlich nicht die gesamte Kette, die ich optimieren und durchdigitalisieren kann. Klar, optimieren, natürlich ist das ein Thema. Das heißt, Ersatzteillieferungen lassen grüßen. Warum soll ich nicht in meinem …

Christian Raab: Kundenservice zum Beispiel.

Michael Gingele: … 3D-Drucker nachher das Ventil ausdrucken oder die Pumpe ausdrucken können? Da gibt’s schon tolle Modelle, die man sich überlegen kann. Die Frage ist auch immer die Akzeptanz nachher der Leute, wer wird sowas akzeptieren? Wollen wir alles im Internet bestellen? Was machen wir mit den 50 % der Leute, die kein Internet benutzen, also vielleicht einen Anschluss haben. Aber es ist ja immer noch ein Unterschied, ob ich einen Anschluss habe oder ob ich den auch aktiv nutzen will. Wir müssen Zahlwege diskutieren in Deutschland. Mit Bargeld wird das nichts mehr werden. Das kann nur mit digitalem Geld sein, also jetzt nicht als Kryptowährung, sondern als digitale Abrechnung, die wir haben müssen. Also da kommen so viele Punkte aufeinander. Und dann kommt noch der nächste Schritt, was wir noch das letzte Halbjahr auch gesehen haben, gerade mit dem Schwerpunkt Automatisierung. Was kann man automatisieren? Das ist da vielleicht auch Part der Digitalisierung. Das heißt, es muss ja nicht gleich das Ganze Sales Business oder das ganze Businessmodell umgedreht werden, vielleicht kann man die Digitalisierung auch einfach benutzen, redundanter zu werden, ausfallsicherer zu werden. Wir erinnern uns alle noch, was im März passiert ist, als hier einfach mal vier Wochen oder sechs Wochen alles zugemacht wurde und Lieferketten tatsächlich abgebrochen und eingebrochen sind und wir heute noch damit kämpfen. Und das hatte sicher nichts mit dem Businessmodell zu tun, sondern das hatte einfach damit was zu tun, dass plötzlich Leute nicht mehr da waren.

Thomas Sinnwell: Ja. Oder auch Schule. Auch ein schönes Beispiel. Das muss sich ja auch ändern. Das sieht man ja jetzt, digitale Lernkonzepte, sodass ich auch vielleicht noch, wenn es nochmal erforderlich sein sollte, auch mal drei Monate Homeschooling machen kann, aber dann ohne Qualitätsverlust.

Michael Gingele: Gut, aber da sind wir auch wieder schnell in so einer politischen Diskussion, nehme ich mal an, weil die Technologie dazu wäre ja da.

Thomas Sinnwell: Ja, man müsste sie nur mal verfügbar machen.

Michael Gingele: Ja genau. Beim Internetanschluss und was auch immer. Also das ist ja dann, hier und da vielleicht mal am Datenschutz was drehen und dann wäre das auch, bin ich mir sicher, möglich. Die Firmen machen es vor weltweit. Wir hatten auch dann mit 300 Leuten Videokonferenzen weltweit im Prinzip, um Abstimmungsmeetings zu machen. Also das funktioniert schon. Andere Denkweise natürlich, andere Art und Weise, wie man kommuniziert, interessanterweise all das spielt ja damit ein in diese Welt. Aber die Denkweise, also ich finde das nicht so schlecht zu sagen, ich bin nur noch drei Stunden oder vier Stunden am Tag im Büro und vier Stunden draußen unterwegs und bekomme dann meine E-Mail, wo drinsteht, ich muss mich um irgendwas kümmern. Und dann kann man sich halt am Abend mit aller Ruhe damit beschäftigen. Und zu wissen, dass aber 99 % oder 90 % meiner Transaktionen automatisiert durchlaufen. Wie gesagt, das ist halt eine Mentalitätsfrage.

Christian Raab: Ich denke auch, es hat wirklich, wie du angesprochen hast, der Lockdown auch im März, a) hat man wirklich gesehen, es gibt verschiedene Unternehmen, groß, klein, ob jetzt Mittelständler, ganz große und so weiter, bei vielen war das Thema über Jahre, wurde entweder auf Sparflamme gekocht oder es gab auch Stocken in den Prozessen, in den Umstellungen. Und ich sag mal, man kann es gar nicht pauschal sagen, dass da die kleineren schlechter unterwegs waren. Also man kann sagen, einige hat es ganz schön getroffen in dem Moment und sie mussten jetzt erst mal schnell wirklich reagieren. Kann man fast ein bisschen bösartig sagen, was die letzten Jahre verschlafen wurde.

Thomas Sinnwell: Nehmt ihr das schon wahr, tut sich da bei euch jetzt schon was aufgrund der Situation? Kommen die Leute jetzt nach diesem Schock aus den Puschen?

Michael Gingele: Wir hatten wirklich zwei interessante Fälle. Das eine war ein Fall, das war ein Zulieferer von Hotelbetrieben und Gastronomiebetrieben. Der hatte digitalisiert eigentlich, nur dem ist sein Businessmodell hinten weggebrochen. Komplett. Weil keine Hotels offen, keine Gaststätten offen, keine Lieferungen.

Christian Raab: Wohin soll er liefern.

Thomas Sinnwell: Ein Riesengau. Ja.

Michael Gingele: Also der hat umgestellt einfach dann auf Masken, was auch immer, halt diese typischen Sachen, um dann aus China, weil er entsprechende Kontakte hat, also der hat radikal sein Businessmodell umgedreht. Und durch die Digitalisierung war er in der Lage, es zu tun. Interessant. Weil die Infrastruktur für den Versandhandel war ja da.

Christian Raab: War da, genau, Konnte halt anders genutzt werden.

Michael Gingele: Der zweite Fall war ein Distributor für Bücher, der natürlich dann im März explodiert ist, weil sie plötzlich liefern mussten wie die Weltmeister, also weil nicht halt doch alles über den einen Großen geht, sondern auch doch so ein paar Kleine da sind. Und der stockte aber schlicht und ergreifend, weil dem seine Infrastruktur wiederum nicht bereitstand, um das zu händeln. Das heißt, er war viel zu viel auf manuelle Prozesse ausgelegt, die einfach nicht skalieren. Das heißt, wenn ich plötzlich 20, 30, 50 % mehr Bücher liefern muss, ich brauche Leute, die die Dinger aus dem Hochregallager holen und das geht einfach nicht manuell. Dann ist es einfach, er kann halt nur soundso viel tausend Bücher am Tag ausliefern, mehr geht halt einfach nicht.

Thomas Sinnwell: Jetzt sind wir grad bei konkreten Themen. Lasst uns da doch vielleicht noch ein bisschen in die Tiefe gehen. Was treibt denn heute Unternehmen oder eure Kunden beim Thema Digitalisierung um? Was sind jetzt eigentlich so die Themen, mit denen die sich wirklich beschäftigen? Und danach würde ich dann auch gerne so auf die Herausforderungen zu sprechen kommen. Aber erst mal, was sind die Themen, die jetzt wirklich heute anstehen, mit denen ihr konfrontiert werdet?

Michael Gingele: Ich bin da mir momentan nicht so ganz sicher bei manchen Kunden. Also ich glaube, manche lassen sich durch diesen Begriff der Digitalisierung treiben. So nach dem Motto: Ich muss jetzt, weil alle müssen.

Christian Raab: Genau. Das stimmt.

Michael Gingele: Das heißt, da ist gar kein …

Thomas Sinnwell: Ich muss auch was tun. Ja.

Michael Gingele: Genau.

Christian Raab: Genau. Ja.

Michael Gingele: Ich muss jetzt auch was tun. Genau. Das ist der eine Part. Wie gesagt, das ist halt wie alle Schlagwörter, Industrie 4.0 und was auch immer, Hauptsache man tut halt irgendwas.

Christian Raab: Genau. Und man hat es irgendwo drinstehen.

Thomas Sinnwell: man kann es sehr vielfältig definieren. Jeder versteht was anderes darunter.

Michael Gingele: Genau.

Christian Raab: Richtig. Genau.

Michael Gingele: Einige, glaube ich, lernen jetzt gerade ganz schnell, also auch durch die Konkurrenz aus dem Ausland, dass sie da auch wirklich was tun müssen und optimieren können. Und man muss ja auch dazusagen, heute sind ja auch Lösungen, Standardlösungen eher da wie früher. Also vor ein paar Jahren war das ja wirklich, Digitalisierung, alles musstest du wirklich vom Grund aus selber designen. Da gibt’s sehr viele Themen, werden wir nachher vielleicht noch mal ansprechen, was die Grundlagen sind. Das heißt, ich habe für alles irgendeine Lösung gebraucht. Heute habe ich aber ganz andere Modulekästen zur Verfügung, um solche Sachen auch, sage ich mal, strategisch als Projekt anzugehen und ich muss nicht jedes Mal das Rad neu erfinden. Und ich habe Schnittstellen bereit und ich habe sinnvolle Lösungen schon in der Tasche eigentlich, mit denen man sowas auch schnell, effizient machen kann, um tatsächlich sein Businessmodell umzustellen. Also wir haben grad witzigerweise die Diskussion mit unserem Buchlieferanten, der Buchdistributor, gehabt, wo es halt tatsächlich jetzt um dieses Thema geht, sozusagen: Was müssen wir jetzt tun, damit wir jetzt weiterkommen? Dass wir jetzt wirklich automatisiert wie ein Großer auch ausliefern können.

Christian Raab: Genau. Und das so schnell wie möglich, damit wir den Absprung nicht verpassen.

Thomas Sinnwell: Was sind aus eurer Sicht die Herausforderungen für die Unternehmen, denen sie sich jetzt stellen müssen? Oder wo hängt’s, was sind die Problembaustellen?

Michael Gingele: Also ich glaube, die wichtigste Baustelle, und die habe ich auch am eigenen Leib schon mehrfach erfahren, ist immer wieder das Thema, wenn so das Thema, also Schlagworte umgesetzt werden, weil sie einfach umgesetzt werden müssen, weil sie da sind. Also sprich, Management sagt: Wir machen jetzt Digitalisierung. Aber Management weiß eigentlich gar nicht, …

Christian Raab: Was das ist.

Michael Gingele: … was es ist, was es soll.

Christian Raab: Oder das Verständnis ist auch gar nicht in der Unternehmung einfach da für das Thema Digitalisierung. Es wird dann wirklich so reingeworfen, dann hat man verschiedene Unternehmen, wo die Geschäftsführung d’accord ist und sagt hier: Super! Wollen wir. Aber dann habe ich die anderen Untereinheiten, die sich entweder dagegenstellen oder sagen: Nein. Oder nur sagen: Das ist jetzt nur unser Bereich. Ihr habt damit nichts zu tun. Also da denke ich, ist die größte Herausforderung, das, was wir uns auch auf die Fahne geschrieben haben, so dieser Brückenbauer zu sein zwischen den verschiedenen …

Thomas Sinnwell: Also diesen Durchstich von der Geschäftsführung bis zur IT oder von der IT bis zur Geschäftsführung.

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Alle ans Boot holen.

Christian Raab: Alle ins Boot holen. Genau.

Michael Gingele: Die letzte Meile fehlt halt dann meistens. Das ist halt dann immer das große Risiko. Ich habe letztes Jahr noch ein großes Netzwerkmanagement-Projekt gehabt, wo es eben auch um automatisierte Rollouts ging, aber das Ganze gekoppelt war tatsächlich natürlich über sales-orientierte Prozesse. Das heißt so, dass man also wirklich im Sales konfiguriert, was man ausrollen wollte, dass das aber wirklich vollautomatisiert durchläuft. Und ich meine, du musst halt irgendwann zu dem kleinen Lageristen gehen, der so die letzte Konfiguration vornimmt, um zu verstehen, was der tut, weil die ganzen theoretischen Modelle funktionieren an der Stelle halt einfach nicht mehr. Weil der scheitert an ganz was Anderem. Der scheitere am Arbeitsplatz, weil der keinen Platz hat, um irgendwas zu tun. Und solche Ketten muss man halt einfach bereit sein, wirklich Ende zu Ende zu analysieren. Also Prozesse, die man eigentlich schon hat oder meint, man hat sie, zu durchleuchten, vielleicht sogar erst zu optimieren, um also digital ready zu machen.

Christian Raab: Richtig.

Michael Gingele: … zu machen, bevor man sie überhaupt optimiert. Also nicht den Weg anzugehen zu sagen, wir haben hier einen Prozess, digitalisier mal das.

Thomas Sinnwell: Also halten wir fest, es betrifft ja die ganze Organisation.

Christian Raab: Richtig.

Thomas Sinnwell: Da arbeiten Menschen, und Menschen, manche mögen das, da gehören wir jetzt vielleicht dazu, mal was Neues, Veränderung, Dynamik, aber im Allgemeinen wird da ja erst mal so die Handbremse angezogen. Oh, was kommt denn? Was ist denn zukünftig meine Rolle? Was kann ich da noch machen? Wie verändert sich mein Arbeitsalltag? Habe ich noch einen Job? Oh Gott! Ich bin mal dagegen. Begegnet euch sowas?

Christian Raab: Ja.

Michael Gingele: Ziemlich häufig. Das ist die klassische Angst, so Silodenken halt, was da passiert, oder ich hab‘s mal Human OSI-Modell genannt. Das waren also dann …

Christian Raab: Ein guter Begriff.

Michael Gingele: … im Prinzip, dass man da im Prinzip tatsächlich da so Königreiche hat, die man erst mal aufbrechen muss. Und da ist halt natürlich interessanterweise vielleicht auch viel mittleres Management gefragt, gar nicht mal das Top-Management.

Thomas Sinnwell: Und das muss man auch an Bord, weil wenn das nicht mitzieht, ist es wirklich schwierig.

Christian Raab: Ja. Und das muss man auch überzeugen. Und ist an der Stelle auch egal, in welcher Managementebene. Wir haben jetzt gerade im Mittelstand gesprochen? Wir haben viele auch Generationenwechsel, da sind vielleicht noch auch viele Patriarchen, die seit vielen Jahren die unternehmen so führen. Das hat soweit ganz gut funktioniert. Jetzt kommt auch eine neuere Generation hinterher, die auch jünger ist, auch aufgeschlossener gegenüber den verschiedenen Themen. Aber ich habe trotzdem noch eine Belegschaft, die, sage ich mal, vielleicht auch 50, 60 ist, die sich einfach auch dagegen strebt. Die muss ich mit abholen. Und es ist so eine digitale Reise, denke ich. Man hat immer am Ende wieder Parteien, die dagegen sind oder so, aber man muss die Leute abholen. Man darf es halt nicht nur von oben runterdrücken, sondern das muss eine gemeinsame Reise sein.

Thomas Sinnwell: Also meiner Meinung nach wird ja das Thema Kommunikation da von vielen hoffnungslos unterschätzt, wie wichtig das ist. Und ich gehe da noch weiter, für mein Dafürhalten, das ist ja ein Prozesswandel, teilweise kommt neue Technologie hinzu. Es ist eine ganz neue Arbeitsweise für die ganze Organisation. Und eigentlich brauchen wir dann ja auch ein Change-Management, was das begleitet. Weil die Leute müssen wissen, warum, wieso, man muss sie motivieren, man muss erklären, was auf sie zukommt, man muss sie mitnehmen und ihnen die Angst nehmen und vor allem auch die Chance eröffnen. Weil, Michael, du hast es, glaube ich, gesagt, man kann auch ganz langweilige Tätigkeiten, die einem eigentlich keinen Spaß machen, die können durch derartige Prozesse auch entfallen und man hat dann auch mehr Chancen als Mitarbeiter, Dinge zu tun, die, ich sag mal, sinnstiftender sind.

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Ja, wie gesagt, auch effizienter oder auch anders, ganz einfach. Wie gesagt, einfach loslösen vom klassischen Achtstundentag, weil es halt anders möglich wäre, eben remote möglich wäre. Eben, wenn man von daheim aus das abarbeiten kann, dass man auch das aus der Entfernung machen kann, weil du weißt, dass die Handgriffe irgendwo in der Firma dann automatisiert passieren oder mit einer anderen Zahl von Mitarbeitern möglich sind. Also da sind schon Möglichkeiten drin. Lassen wir mal außen vor, wie wir das alles bezahlen wollen und so weiter, das ist eine andere Diskussion, aber es ist wirklich tatsächlich machbar. Ja, bin ich mir sicher.

Thomas Sinnwell: Ja, ich denke, wir sollten dann vielleicht als Fazit auch mal so festhalten, also a) die Digitalisierung können wir eh nicht aufhalten, dagegen können wir uns gar nicht stemmen. Es geht darum, wie meistern wir das gemeinsam? Und das muss man natürlich auch in den einzelnen Unternehmen dann wirklich durch die ganze Organisation kommunizieren und da gemeinsam Wege finden, unter Einbindung der Technik, der Mitarbeiter, des mittleren Managements, aber auch ein klares Commitment durch die Geschäftsführung.

Michael Gingele: Genau.

Christian Raab: Richtig.

Michael Gingele: Und dann muss man halt noch das Ganze wirklich tatsächlich dann doch mit IT durchdringen lassen wollen, können.

Thomas Sinnwell: Und ich denke, die Einbindung der IT ist da auch ganz zwingend. Das kann man nicht an der IT vorbei machen. Das wäre aus meiner Sicht fatal. Aber die IT kann es auch nicht alleine machen, weil es geht um Geschäftsprozesse.

Michael Gingele: Ja. Das ja der komplette Rollenwechsel eigentlich. Die IT war bis dato der Dienstleister.

Thomas Sinnwell: Ja super, dass du das ansprichst. Das ist wirklich ein Rollenwechsel.

Michael Gingele: Und jetzt plötzlich ist es der Motor der Firma.

Christian Raab: Genau.

Michael Gingele: Und das ist eine ganz andere Sichtweise, auch der Stellenwert, den man der IT …

Thomas Sinnwell: Zukommt.

Michael Gingele: … zukommen lassen hat. Wo man sagt, wie bewerte ich die. Da hängen andere Themen dran, da hängt natürlich das Thema IT-Sicherheit dran, da hängt das ganze Thema Risk Management mit dran. Was haben wir abgesichert in Gebäuden mit, jetzt sage ich mal, mit Brandmitteln und allem Drum und Dran? Wer sichert die IT ab? Auch da muss eine Denkweise …

Thomas Sinnwell: Man wird natürlich auch immer stärker von dem Funktionieren der Technik abhängig. Das wird sehr essenziell.

Christian Raab: Genau. Richtig.

Michael Gingele: Wie schnell kann man Changes durchführen? Das heißt, kann ich mir wieder erlauben, drei Monate auf die IT zu warten, um eine Konfigurationsänderung in ABC zu machen? Wie schnell kriege ich Ressourcen in meine IT hineingesetzt? Das heißt Rechnerleistung.

Thomas Sinnwell: Vor allem, da bin ich ja ganz schnell beim Thema Weiterbildung, weil die Experten alle zu bekommen, ist schwierig. Vor allem, wenn ich jetzt gerade so an den OT-Bereich denke, da gibt’s hervorragende Leute in der Produktion, aber ich muss die weiterbilden Richtung Security. Weil ich finde die Security-Experten, die fallen halt nicht vom Baum. Also es ändert sich da schon viel oder auch generell. Was das Thema Digitalisierung betrifft, denke ich, macht es auch Sinn, dass da mehr an Weiterbildung investiert wird.

Michael Gingele: Ja. Weiterbildung und vielleicht auch in Standardisierung von gewissen Sachen. Vielleicht ein bisschen Mystik aus manchen IT-Themen zu nehmen und zu sagen: Man kann das auch, wenn man Regeln aufsetzt, relativ prozessorientiert steuern. Es gibt immer die Ausnahmen, dafür brauche ich den Experten, aber ich muss auch in der IT es schaffen, Standardprozesse zu automatisieren. Selbst da geht der Weg Digitalisierung hin. Ich brauche keinen Firewall-Administrator heutzutage mehr, ich kann das ausrollen auf Regelwerkbasis. Das heißt, irgendeiner muss mal sich Gedanken über das Regelwerk gemacht haben, aber dann muss das automatisch laufen.

Thomas Sinnwell: Heute ist es mal wieder irre, die Zeit rast. Jetzt möchte ich von euch beiden noch wissen: Was wünscht ihr euch denn so ganz persönlich für unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft im Kontext der Digitalisierung?

Michael Gingele: Also für mich ist wichtig, einfach mehr Akzeptanz zu dem ganzen Thema. Also für mich war diese Corona-App so dieses leuchtende Beispiel. Man schafft da wirklich, mit einem sinnvollen Tool versucht man hier Sachen umzusetzen, die eine gewisse Sicherheit geben, aber wenn man dann die Diskussion anhört, diese Bedenkenträger halt, diese Bedenkenträger, die wir permanent haben, ah, Datenschutz und allem Drum und Dran. Ein bisschen mehr Offenheit in diese Technologie, ich glaube, dann würden wir ganz schnell weit vorankommen da in diese Richtung.

Thomas Sinnwell: Besten Dank. Christian.

Christian Raab: Ich sag auch, die Angst nehmen, die Angst auch vor Digitalisierung, vor neuen Wegen, vielleicht auch vor neuen Aufgaben in den Unternehmen. Das wäre schön, wenn wir auch durch unsere Tätigkeit da den verschiedenen Unternehmen und auch den einzelnen Mitarbeitern helfen können, sie da zu begleiten, auch weiterzubilden, zu schulen, dass sie auch einige Sachen selbst dann übernehmen können. Und da wirklich eine größere Akzeptanz zu schaffen, weil die Möglichkeiten sind sehr, sehr vielfältig. Also ich denke, wir sind da noch in den Kinderschuhen. Also es ist sehr, sehr viel möglich, auch was Automatisierung angeht, Kosten zu sparen, Effizienz zu steigern und neue Geschäftsmodelle auf den Markt zu bringen. Und ich würde es mir wünschen, dass es als Chance gesehen wird, das Unternehmen weiter voranzubringen, anstatt mit der Angst, oh, was Neues, gehen wir davon kaputt, gehen wir unter, so diesen Gedanken wegzunehmen und in eine andere Richtung zu steuern.

Thomas Sinnwell: Ich danke euch beiden für dieses superinteressante Gespräch. Hat mir viel Freude gemacht und ich denke, wir haben heute das streifen können, das Thema Digitalisierung. Wir werden es sicherlich noch weiterverfolgen und auch wir werden ja gemeinsam noch in dem Thema weiter zusammenarbeiten. Ich danke euch.

Michael Gingele: Vielen Dank!

Christian Raab: Herzlichen Dank, Thomas! War sehr schön.

Thomas Sinnwell: Hat Spaß gemacht. Danke. Ciao!

Christian Raab: Ja, hat Spaß gemacht. Ciao!

Michael Gingele: Ciao!

 

So, das war‘s von uns für heute. Wir hoffen, wir haben euch gut unterhalten und ihr konntet etwas mitnehmen zu diesem spannenden Thema. Weiterführende Links findet ihr wie immer in unseren Shownotes und wenn ihr Lust auf mehr habt, dann freuen wir uns natürlich, wenn ihr uns abonniert. Das Thema Digitalisierung werden Christian, Michael und Thomas im Februar nochmal aufgreifen, und zwar dann mit einem zusätzlichen Gast, der sich mitten im Digitalisierungsprozess befindet. Er wird direkt aus der Praxis berichten und uns spannende Einblicke aus Sicht eines Unternehmers geben. Also Fortsetzung folgt, wir freuen uns auf euch. Jetzt schon vormerken. Es lohnt sich.

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